Seit über einem Jahr gibt es sie: Die „Pädagog/innenbildung Neu“. Was ist daran so neu? Die Frage sollte eher lauten: Warum brauchen wir eine neue Ausbildung für Pädagog/innen? Die Ausbildung dauert auf jeden Fall doppelt so lang. Sind die angehenden Pädagoginnen jetzt doppelt so gut? In diesem Beitrag lesen Sie ein paar Gedanken und Fakten zur neuen Ausbildung.

Mit dem Leitspruch „“Pädagog/innenbildung Neu“. Die besten Lehrerinnen und Lehrer für die Zukunft unserer Kinder“ wurden bei einer Pressekonferenz im April 2013 die Ziele der neuen Ausbildung für alle Pädagog/innen der Primar- und Sekundarstufe von der damaligen Bildungsministerin Claudia Schmid und dem Wissenschaftsminister Karl-Heinz Töchterle präsentiert. Neben der Qualitätssteigerung und Qualitätssicherung wurden die Kompetenzorientierung, die Mobilität und Internationalisierung und die Durchlässigkeit als wesentliche Ziele herausgestrichen. Auch die Attraktivität der Ausbildung und die Gleichwertigkeit von Pädagogischer Hochschule und Universität im Ausbildungsverbund sind laut dem veröffentlichen gemeinsamen Papier wesentliche Merkmale.
Mittlerweile sind über drei Jahre vergangen und es haben sich vier sogenannte Entwicklungsverbünde (EV) (EV Süd-Ost, EV Mitte, EV West und EV Nord-Ost) gebildet, die in Kooperation (Pädagogische Hochschule und Universität) mit der neuen Ausbildung 2015/16 (Primarstufe und Sekundarstufe im EV Süd-Ost) bzw. 2016/17 (Sekundarstufe) begonnen haben.

Was ist jetzt „Neu“ an der „Pädagog/innebildung Neu“?

Bisher hat die Ausbildung zu Volkschullehrer/innen und Lehrer/innen an Neuen Mittelschulen an den Pädagogischen Hochschulen (PH) stattgefunden. Diese dauerte sechs Semester, schloss mit dem Bachelor of Education (BEd) ab und beinhaltete eine uneingeschränkte Lehrbefähigung. Die Lehrer/innen für die AHS Unterstufe, sowie für alle Oberstufenschulformen wurden an den Universitäten in einem neunsemestrigen Masterstudium (Abschluss: Magister) ausgebildet.
Das neue Verbundstudium (gemeinsames Studium an Uni und PH) beinhaltet nun einen Bachelor mit acht Semester (BEd) und ein verpflichtendes Masterstudium (Master of Education MEd) mit zwei (Primarstufe) bzw. vier Semester (Sekundastufe). Es gibt auch keine Unterscheidung mehr zwischen Lehrer an Neuen Mittelschulen und Lehrer an Gymnasien bzw. Oberstufenlehrer. Absolventen des Studiums „Lehramt Sekundarstufe“ können in allen Schulen der Sekundarstufe I (NMS, AHS-Unterstufe) und Sekundarstufe II (AHS Oberstufe und alle berufsbildende Schulen) unterrichten.
Von der Lehrerschaft stark kritisiert wurde bei der Umsetzung der neuen Ausbildung unter anderem, dass es kein Lehramt an Sonderschulen mehr gibt. Inklusive Pädagogik mit Fokus Behinderung gibt es nur mehr als Schwerpunkt (60 ECTS, das entspricht einem Viertel des gesamten Bachelorstudiums). Neu ist auch, dass die PHs das Studium „Lehramt an Primarstufe“ eigenständig anbieten können, das Studium „Lehramt an Sekundarstufe“ hingegen nur in Kooperation mit einer Universität angeboten werden kann.

Wie unterscheidet sich die Ausbildung im Detail?

Wenn man die Curricula der „alten“ und „neuen“ Ausbildung vergleicht, wird man schnell merken, dass sich die Anzahl der Semesterwochenstunden (Präsenzzeit) nicht wesentlich geändert hat. Da bedeutet, dass die Studierenden ähnlich viel Zeit an der Hochschule verbringen. Nur jetzt eben acht statt sechs Semester. Die Workload, angegeben in ECTS (=European Credit Transfer System), hat sich hingegen von 180 auf 240 ECTS-Punkten gesteigert. Diese beinhaltet neben der Präsenzzeit an der Hochschule noch alle anderen Arbeiten wie, Literaturrecherche, Erstellen von Präsentationen, den Lernaufwand für die Prüfung usw.
Auch hatten die Studierenden ab dem 1. Semester regelmäßig Praxis in einer Praxisschule zu absolvieren. In der neuen Form beginnt je nach Studienfach die Praxis mitunter erst im dritten Semester.
Die Bachelorarbeit war im alten System tatsächlich eine wissenschaftliche Arbeit. In der neuen Ausbildung ist sie weniger als die Hälfte an ECTS-Punkte wert und somit zur Seminararbeit degradiert worden. Die wissenschaftliche Arbeit stellt dann die Masterarbeit mit 25 ECTS-Punkten inklusive Abschlussprüfung dar.

Wie funktioniert die Kooperation?

Die Kooperationen zwischen PHs und Unis funktioniert in den unterschiedlichen Verbünden unterschiedlich gut. Im Süd-Ost-Verbund wurde die ganze Entwicklungsarbeit gemeinsam, partnerschaftlich und kooperativ durchgeführt. Im Nord-Ost-Verbund hat es bei der Entwicklung der Curricula so gut wie keine Kooperation zwischen den Hochschulen und der Uni Wien gegeben. Hier sieht sich die Uni Wien mit ihrer, zumindest in der Lehramstausbildung, jahrzehntelanger Erfahrung als die Institution, die den Takt angibt und den Rahmen festlegt.

Wie wird es weitergehen?

Bis die ersten Absolventen ihr Bachelorstudium abgeschlossen haben, vergehen noch mehr als zwei Jahre. Dann kommt erst der Master, für viele vermutlich nicht berufsbegleitend, so wie es sich der Gesetzgeber eigentlich vorstellt, da es im Bereich der Primarstufe noch viel zu wenig offene Stellen gibt. Noch – denn die große Pensionswelle bei den Lehrern kommt bald.